Am Anfang der Tellerwäscherkarriere

Rupan Thanaraj arbeitet. Er ist aktuell der einzige Asylsuchende in der Kollektivunterkunft Rickenbach, der einen Job hat. Ein Glücksfall, denn Asylsuchende belegen in der Liste der begehrten Arbeitnehmer den letzten Platz. Was Rupan vor sich hat, ist eine Tellerwäscherkarriere – im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Besuch an seinem Arbeitsplatz zeigt, wie er die Stelle gefunden hat, was er tut und wie’s ihm dabei geht.

Rupan an der Spüle: «Jeder beginnt mit Abwaschen», sagt sein Chef Frank Brüllhardt.

 

Wann muss man ein Lokal spätestens respektieren? Wenn es eine eigene Postautohaltestelle hat. Das Gasthaus zum Kreuz ist ein solches. Es steht  in einer Rechtskurve mitten im Dörfchen Warth, 10 Autominuten von Frauenfeld, 5 Gehminuten von der Kartause Ittingen entfernt. Es ist kalt und dunkel, als ich am Mittwoch um 20.09 aussteige. Kreuz-Wirt Frank Brüllhardt hatte keine Sekunde gezögert, als ich ihn am Mittag anrief und fragte, ob ich Rupan bei der Arbeit besuchen könne. «Kommen Sie einfach vorbei. Heute arbeitet er ab 18.30 Uhr.»

Alles andere als kalt ist es in der Küche. Dafür sorgen die Herdplatten in der Mitte. In heissem Öl schwimmt ein paniertes Schnitzel. Rupan Thanaraj, 19 Jahre, Sri Lanka, nimmt eine Fleischgabel. Er lässt das Stück Fleisch kurz abtropfen, legt es behutsam auf einen weissen Teller, nimmt einen zweiten Teller, das nächste Stück. «Er ist ein Allrounder», sagt Frank Brüllhardt. Und präzisiert: «Er wäscht ab, putzt, macht Ordnung, hilft in der Küche. Er ist immer dort, wo wir ihn gerade brauchen.»

 

Rupan kam 2009 in die Schweiz und wohnt seit eineinhalb Jahren in Rickenbach. Er ist nicht der erste Tamile, der bei Frank Brüllhardt eine Stelle findet. «Mein Chefkoch, ein Tamile, der vor 15 Jahren auch einst als Tellerwäscher bei mir begann, hat mir Rupan empfohlen. Das läuft immer so», erklärt der Gastronom. Zu Beginn sei die Arbeit dreckig, aber wer sich anstrenge – sprich: Einsatz zeige und Deutsch lerne – der steige auf. An diesem Mittwochabend stehen gleich drei Tamilen in der Küche. Sie seien fleissig, benötigten aber während der Ausbildung auch einiges an Geduld, sagt Brüllhardt. «In 10 Jahren werden sie in Schweizer Küchen dominieren», prognostiziert er.  Das weitherum bekannte Speiserestaurant «Kreuz» hatte er 10 Jahre lang geführt, danach 5 Jahre in Zürich gearbeitet und das Lokal im August dieses Jahres wieder übernommen.

Die Arbeit tut Rupan gut. Er sagt, er lerne die Sprache schneller und könne neue Kontakte knüpfen. Dass er einen Job gefunden hat, ist ein Glücksfall. Asylsuchende belegen in der Liste der begehrten Arbeitnehmer den letzten Platz. Jetzt, da Rupan eine Stelle hat, muss er die Asylunterkunft bald verlassen. Anfang nächsten Jahres wird er voraussichtlich aus der Zivilschutzanlage in Rickenbach aus- und in ein Personalzimmer an seinem Arbeitsplatz, direkt im Gasthaus, einziehen. Jetzt zu behaupten, Rupan habe es «geschafft», wäre aber zu früh. Denn: Er hat nach wie vor einen N-Ausweis, kann theoretisch sofort ausgeschafft werden. Das wissen er und sein Chef, der sagt: «Eine Arbeitsbewilligung ist keine unbefristete Aufenthaltsbewilligung.» Sicher aber verschafft im die Anstellung bessere Chancen auf eine solche.

Geschrieben am: 29.11.2012
Kommentare: 3 Kommentare.
Comments
Comment from Karl Hugentobler - 30. November 2012 at 11:35

Ich finde es toll, wenn Leute wie Rupan in die Schweiz kommen und sich hier heraufarbeiten. Meiner Meinung nach sollten solch fleissige Leute auch hier bleiben dürfen. Aber wenn Asylbewerber kriminell werden, dann ist Nulltoleranz angesagt. Die Zeit vor der permanenten Aufenthaltsbewilligung sollte eine Art Probezeit sein, während der sich die Asylbewerber nicht den geringsten Fehltritt leisten dürfen. Ladendiebstahl ist schon zuviel.

Comment from Martin - 2. Dezember 2012 at 23:42

Nur dürfen leider Asylsuchende z.B. im Kanton St.Gallen gar nicht arbeiten. Wenn man in seinem Heimatland fast non-stop gearbeitet hat, und hier plötzlich nicht mehr darf, dann – kommt jeder Mensch auf dumme Ideen. Da fällt einem die Decke auf dem Kopf, vor allem, wenn man in so einem «Stall» wie dem Thurhof leben muss.
Ich glaube kaum, dass wir da anders wären.

Comment from mario - 2. Dezember 2012 at 23:52

@Martin: Ein Asylsuchender darf – so weit ich informiert bin – nur in den ersten drei Monaten nach Einreise nicht arbeiten. Danach kann er respektive sein künftiger Arbeitgeber eine Arbeitsbewilligung beantragen. Nur muss er diese Stelle erst einmal finden…